Vogeltod an Stromleitungen auf der östlichen Zugroute
Die KARL KAUS STIFTUNG unterstützt Storch Slowenien - CICONIA Slowenien unbürokratisch bei der Bestandsaufnahme zum Stromtod von Vögeln auf dem Balkan und bei der Aufklärungsarbeit zur vogelfreundlichen Umrüstung der Masten. Verluste durch "Stromtod" sollen belegt und die Daten zur Entschärfung der Lage herangezogen werden. Bisher ist die Situation auf dem Balkan kaum untersucht. Erste Hinweise sind allerdings alarmierend.
Stromschlag und Anprall von Vögeln an Freileitungen können existenzielle Auswirkungen auf die Vogelpopulationen haben und wirtschaftliche Verluste aufgrund von Unterbrechungen der Stromversorgung sowie Brände verursachen. Letzteres wird durch den aktuellen Klimawandel zunehmend wichtiger, da in heißen Wetterlagen gehäuft Brände durch Stromschlag ausgelöst werden.
Der Balkan ist Teil der Vogelzugroute europäischer Brutvögel auf dem Weg in ihre afrikanischen Winterquartiere. Die Zustände vor Ort sind katastrophal: in einem ehrenamtlichen Arbeitseinsatz zum Schutz der Störche in Pelagonien (Nordmazedonien) wurden im Sommer 2023 und Herbst 2024 ungewöhnlich hohe Sterblichkeiten der Vögel durch Stromschlag dokumentiert. An 950 begangenen Strommasten im Mittelspannungsbereich (10-35 kV) wurden 187 elektrokutierte Vögel gefunden. Unter Greifvögeln waren 26 Mäuse- und 2 Adlerbussarde, 18 Turm- und 7 Rötelfalken, 2 Schlangenadler, ein Uhu und eine Schleiereule zu finden. Auch 15 Weißstörche wurden durch Masten elektrokutiert. Darüber hinaus waren viele Kleinvögel wie Grauammern oder Stare dabei. Während der Untersuchungen 2023 konnte kein lebender Adler beobachtet werden. Zugleich löste einer der beiden tot aufgefundenen Schlangenadler durch den Stromschlag einen kleinen Flächenbrand aus.
Nach ersten Hochrechnungen verursachen die überholten Konstruktionen der Strommasten Verluste bei Vögeln durch Stromtod im Millionenbereich. Internationale Verpflichtungen werden noch nicht nennenswert berücksichtigt, die die Lösung des Stromschlagproblems vorschreiben. Das Berner Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume sowie die Bonner Konvention zur Erhaltung der wandernden wildlebenden Tierarten (CMS) warnen ausdrücklich vor Stromtod der Tiere auf Freileitungen. Vögel werden als am meisten gefährdete Tiergruppe eingestuft. Beide Konventionen empfehlen die gefährlichsten Masttypen von Stromleitungen, an denen gefährdete Vogelarten durch Stromschlag getötet werden, zu entschärfen und einen Neubau von „Killermasten“ zu verbieten.
Erfreulich ist, dass sich ein kleines Team von Wissenschaftlern, Tierärzten, Ornithologen und Vogelschützern um Borut Stumberger und Dr. Dieter Haas (NABU BAG Stromtod) gebildet hat, dass die Lage untersuchen will. Die BAG wurde für ihre anhaltenden Bemühungen bereits 1998 mit dem EMMY & KARL KAUS-Preis geehrt.
Nordmazedonien ist ein EU-Beitrittskandidat, was die Hoffnung nährt, dass sich die Rahmenbedingungen zur Verbesserung der Lage gegen den Stromtod von Vögeln hoffentlich verbessern. Allgemein sollte bei Schutzprojekten insbesondere von Großvögeln das Augenmerk nicht nur auf die Verbesserung oder Wiederherstellung von Lebensräumen in den Brut-, Durchzugs- und Überwinterungsgebieten, sondern gleichzeitig auch auf die Prävention des Stromtods in den Gebieten sowie entlang jeglicher Zugrouten gelegt werden.
Bereits vor vielen Jahren hat die KARL KAUS STIFTUNG in Zusammenarbeit mit der NABU Bundesarbeitsgruppe Stromtod einen praktischen Leitfaden herausgegeben, der in mehrere Sprachen übersetzt wurde und noch immer Gültigkeit besitzt:
Praxisleitfaden (deutsch) "Vogelvertraegliche Freileitungen", Karl Kaus Stiftung (1997) (1 MB)
Practical guide (english) "Bird-compatible overhead transmission lines", Karl Kaus Stiftung (1997) (4 MB)
[In weiteren Sprachen auf Anfrage verfügbar]
Weitere Informationen:
- Haas, D., B. Schürenberg Hrsg. (2008): Stromtod von Vögeln. Grundlagen und Standards zum Vogelschutz an Freileitungen. Ökologie der Vögel, Band 26. 303 S. ISSN 0173-0711
- Haas, D.G., Schneider, R, Fiedler, G., Böhmer, W., Wieding, O., Schröder, W., Mammen, U., Haas, W., Harness, R.E., Schneider, R. & M. Nahm (2020): Weltweite Stromschlagverluste bei Vögeln – Ursachen und Vorschläge für globale Lösungen. Ornithologische Mitteilungen Jahrgang 72, 2020, Nr. 7/8: 179 – 214.
Weiterführende Informationen und Bezug der Schriften über PANDION.