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Konflikt Fledermäuse und Windkraft

Hohe Schlagopferzahlen 2010-2015 im Wendland gefunden - Maßnahmen zum artenschutzverträglichen Betrieb

Bei der Errichtung und dem Betrieb von Windenergieanlagen (WEA) können für Fledermäuse und Vögel bau-, anlage- und betriebsbedingte Auswirkungen unterschiedlichster Intensität und Wirkung auftreten. Vor allem für Fledermausarten, die den offenen Luftraum als Jagdhabitat nutzen, können die Anlagen lebensgefährliche Hindernisse darstellen. Doch wo und mit welcher Betriebsweise können heute Windräder aufgestellt werden, um die regenerativen Energien voranzutreiben, ohne mit dem Artenschutz in Konflikt zu geraten?

Die KARL KAUS STIFTUNG hat bei stichprobenartigen Untersuchungen an vier von acht Windparks im Landkreis Lüchow-Dannenberg in den Jahren 2010-2015 mit insgesamt 159 toten Fledermäusen und 35 Vögeln hohe Schlagopferzahlen feststellen müssen. Darunter waren stark gefährdete Arten wie Mopsfledermaus, Rotmilan und Seeadler. Die Dunkelziffer wird aufgrund der schwierigen Suche (niedrige Auffindungsrate) als hoch eingeschätzt. Für den Landkreis werden grob 1.500 Fledermaus-Schlagopfer pro Jahr errechnet. Daher fordert die KARL KAUS STIFTUNG zusammen mit der AG Fledermausschutz des Landkreises Lüchow-Dannenberg die dauerhafte Umsetzung von Maßnahmen zur deutlichen Reduktion der Kollisionsgefahr für die betroffenen Parks.

Was ist das Problem?

An Windenergieanlagen kann es unter bestimmten Bedingungen zu hohen Verlusten kommen (z.B. widrige Wetterverhältnisse in Kombination mit Zug- oder Jagdzeiten). Todesursachen sind dabei entweder der direkte Schlag durch die Rotorblätter oder starke innere Verletzungen (Barotrauma), die sich aufgrund von Turbulenzen und Druckunterschieden an den sich drehenden Rotoren ergeben. Die Spitzen der Rotorblätter können Geschwindigkeiten um 200 km/h erreichen.

Der Standortwahl für einen Windpark kommt eine entscheidende Bedeutung hinsichtlich der Auswirkungen auf den Artenschutz zu. So können exponierte Standorte zwischen bestehenden Raumbezügen (z.B. Wechsel zwischen Aufzuchtort und Jagdorten oder zur Zugzeit) in Kombination mit bestimmten Wetterverhältnissen große Verluste verursachen.

Maßnahmenforderungen
 

A. Betrieb der Anlagen
  1. Stets ausreichend zu berücksichtigen sind bei Planungen von Windparkstandorten die Gesetze und Empfehlungen der Umweltbeobachtung nach § 25 Abs. 3 BbgNatSchAG vom 21.01.2013 in Verbindung mit § 6 BNatSchG und dem „Leitfaden zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse im Rahmen der FFH-Richtlinie 92/43/EWG" (endgültige Fassung, Februar 2007).
  1. Die derzeit einzig wirksame Maßnahme zur Reduzierung der Fledermaus-Mortalität an Windenergieanlagen ist nach weltweit aktuellem Wissensstand die Etablierung von Abschaltzeiten, wenn vorsorgliche Standortoptimierungen nicht erfolgt sind oder sich als unzureichend erweisen. Dabei werden Windenergieanlagen erst ab einer gewissen Windgeschwindigkeit (Cut-In-Geschwindigkeit) eingeschaltet (EUROBATS 2014), die in Zusammenhang mit den an der betreffenden WEA registrierten jahreszeitlichen und tageszeitlichen Höhenaktivitäten gebracht wird (und in der Regel ca. 95 % der Aktivität abdecken sollte). Aufgrund der speziellen Lebensweise von Fledermäusen (Winterschlaf, überwiegende Nachtaktivität) sind Abschaltzeiten nicht nur von der Windgeschwindigkeit allein, sondern auch von Tages- und Jahreszeit sowie von Temperatur und Niederschlag abhängig.

⇒ Für Norddeutschland sind dies z.B. konkret folgende Abschaltalgorithmen: 1. April bis 30. November, von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bei folgenden Wetterbedingungen: kein Niederschlag, Windgeschwindigkeit < 6 m/Sek. Temperatur > 8° C.

  • Sonderfall – Abschaltzeiten bei aufkommenden Gewitter: Die Untersuchungen zeigten, dass besonders viele Fledermäuse bei schnell aufziehendem Gewitter mit Regen verunglückten, wenn die Tiere auf den Rückwegen von ihren Jagdgebieten zu ihren Quartieren waren. Während sich auf dem Hinweg die Rotoren der WEA noch recht langsam drehten, drehten sie sich auf dem Rückweg der Tiere mit hoher Geschwindigkeit. Mit dieser Situation kamen die Fledermäuse anscheinend nicht zurecht. Hier müssen Lösungen bei der Software für die WEA entwickelt werden (z.B. Berücksichtigung stark fallenden Luftdruckes?).
  1. Zusätzliche Möglichkeit: Verfeinerte Abschaltzeiten – Abschaltalgorithmen: Durch verfeinerte Abschaltzeiten besteht die Möglichkeit, die Ökonomie einzelner WEA zu erhöhen. Der Abschaltlogarithmus wird mit Hilfe akustischer Daten aus einem zweijährigen Gondelmonitoring (mindestens in 50 % der WEA installiert) in Höhe der Rotorzone errechnet und in die WEA integriert. Ergänzend zum Gondelmonitoring muss eine Totfundsuche unter den WEA erfolgen, um die ausreichende Wirksamkeit der Abschaltzeiten zu ermitteln, da nicht bekannt ist, bis zu welcher Windgeschwindigkeit Fledermäuse im Windpark tatsächlich in der Höhe aktiv sind.

 

B. Untersuchungsstandards
  1. Als geeignete Maßnahmen werden von uns Einzelfall- und standortbezogene Erhebungen von April bis November, also in der Zeit, in der Konflikte zwischen WEA und Fledermäusen auftreten können, angesehen. Die Erhebungen müssen zeitlich so angesetzt werden, dass alle Aspekte des komplexen Fledermausjahres (Fortpflanzung, Jungenaufzucht, Wanderung zwischen Sommer- und Winterquartier, Schwärmen) erfasst werden. Die eingesetzten Geräte müssen dem aktuellen Stand der Technik, die Untersuchungsmethodik dem aktuellen Wissensstand entsprechen. Unbedingt notwendig sind Erhebungen im Wirkungsbereich der Rotorblätter.
  2. Für die Totfundsuche müssen die zu untersuchenden Flächen gemäht und unbewirtschaftet, d.h. absuchbar, sein.
    → Kollisionsopfer von Vögeln, die in diesem Zusammenhang gefunden werden, sind ebenfalls zu dokumentieren, um die Seriösität der Untersuchung zu wahren.
  3. Ein Gondelmonitoring an den WEA sollte mit Batcordern oder Avisoftdetektoren durchgeführt werden, um eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse mit Studien des Bundesministeriums für Umwelt (BMU) zu ermöglichen. Die Rufauswertungsprotokolle und die Interpretation der Ergebnisse müssen zeitnah (spätestens 2 Monate nach Erhebung) den Behörden vorgelegt werden.
  4. Beide Untersuchungen (Aktivitätsmessung und Opfersuche) sollten aufgrund klimatischer Variationen mindestens 2 Jahre durchgeführt werden. Nach Ablauf des ersten Beprobungsjahres sollte ein Zwischenbericht erstellt werden, auf dessen Grundlage ggf. eine erste Anpassung der Betriebseinschränkungen vorgenommen werden kann.

 

C. Datenmeldung
  1. Es sollte stets und zeitnah eine Meldung der Ergebnisse von Untersuchungen an die bundesweite Datenbank erfolgen (Länderarbeitsgemeinschaft der deutschen Vogelschutzwarten, hier vertreten durch die Staatliche Vogelschutzwarte Brandenburg), damit diese für weitergehende, bundesweite Analysen zur Verfügung stehen.

 

Der gesamte Bericht steht hier zum Download bereit.

⇒ Sehen Sie sich auch unsere anderen Schutzprojekte für Fledermäuse an.

 
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